Impulse von Felix Behm

„Bei uns müssen die Praktikanten Fenster putzen“ – Sinnstiftende Arbeit sieht anders aus!

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Neulich, während eines Vortrags, sagte ein niedergelassener Arzt zu mir: „Bei uns müssen die Praktikanten Fenster putzen.“ Dieser Satz blieb hängen, denn genau das meinte ich nicht, als ich über die Bedeutung von sinnstiftender Arbeit sprach.

Als ehemaliger Personaler in einem Klinikverbund mit mehreren Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) kenne ich die Herausforderungen in diesem Bereich nur zu gut. Es ist kein Geheimnis, warum es heute so schwer ist, medizinische Fachangestellte (MFA) oder Arzthelferinnen zu finden. Dabei könnte der Beruf kaum erfüllender sein: Mit der eigenen Arbeit hilft man direkt oder unterstützend dabei, Menschen wieder gesund zu machen. Eine sinnstiftendere Tätigkeit gibt es kaum! Doch leider reicht die bloße Idee hinter der Sinnhaftigkeit nicht aus, um die junge Generation für diesen Beruf zu begeistern.

Der Alltag in Arztpraxen: Stress und Überforderung

Wer einmal eine Arztpraxis genauer beobachtet hat, erkennt schnell, wie viel die MFA leisten müssen – und das häufig unter enormem Druck. Sie jonglieren gleichzeitig Telefonate, Blutentnahmen, Verwaltungsaufgaben und die Betreuung von Patienten. Und das alles oft in einem unterbesetzten Team, während der Fokus darauf liegt, möglichst viele Patienten pro Tag durchzuschleusen.

Dabei geht es weniger um die Fähigkeit, Stress auszuhalten – sondern vielmehr um eine zentrale Frage, die sich vor allem die Generationen Z und Alpha stellen: Wozu tue ich mir das an?

  • Wo bleibt die Wertschätzung für meine Arbeit?
  • Wo sehe ich das Ergebnis meiner Bemühungen?
  • Wo bleibt Raum für individuelle Stärken, Kreativität und persönliche Entfaltung?

Junge Menschen haben heutzutage die „Qual der Wahl“ und suchen nach Berufen, die nicht nur finanziell, sondern auch emotional und persönlich erfüllend sind. Wenn der Alltag in Arztpraxen jedoch von Überforderung, mangelnder Anerkennung und fehlender Selbstverwirklichung geprägt ist, werden sich viele für einen anderen Weg entscheiden – unabhängig davon, wie sinnstiftend die Grundidee des Berufs ist.

Ein Beispiel, das abschreckt

Zurück zu dem Arzt in meinem Vortrag: Was sagt es über die Wertschätzung eines Berufs aus, wenn selbst Praktikanten während ihres ersten Kontakts mit der medizinischen Arbeitswelt Fenster putzen müssen? Was lernen sie aus dieser Erfahrung? Ganz sicher nicht, wie erfüllend es sein kann, Menschen in schwierigen Zeiten zu helfen oder einen Beitrag zu ihrer Genesung zu leisten.

Statt die Jugendlichen für die spannenden und sinnvollen Seiten des Berufs zu begeistern, wird ihnen signalisiert, dass selbst einfachste, fachfremde Aufgaben zum Job gehören. Diese Praktikanten werden sich beim nächsten Berufswahlgespräch vermutlich zweimal überlegen, ob sie tatsächlich in einer Arztpraxis arbeiten möchten – oder sich doch für eine Tätigkeit entscheiden, die ihnen mehr Perspektiven, Anerkennung und Entwicklungsmöglichkeiten bietet.

Was wir besser machen können

Die Frage lautet also: Wie können wir das ändern?

  1. Praktikanten und Auszubildende ernst nehmen: Zeigen Sie ihnen die wirklich spannenden und erfüllenden Seiten des Berufs. Lassen Sie sie aktiv mitarbeiten, statt sie auf Nebentätigkeiten wie Fensterputzen zu reduzieren.
  2. Wertschätzung in den Alltag integrieren: Schaffen Sie ein Umfeld, in dem alle Teammitglieder – egal ob Praktikanten oder langjährige MFA – Anerkennung für ihre Leistungen bekommen.
  3. Den Job attraktiver machen: Bieten Sie Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten an. Geben Sie Raum für individuelle Stärken und Interessen.
  4. Strukturen überdenken: Sorgen Sie für eine faire Arbeitsverteilung und ausreichende personelle Besetzung, damit die Mitarbeiter nicht ständig über ihre Grenzen gehen müssen.

Fazit: Die Zukunft gestalten

Es liegt an den Führungskräften und Ärzten, die Attraktivität des Berufs zu bewahren und auszubauen. Junge Menschen sind motiviert und bereit, sich für etwas einzusetzen – aber nur, wenn sie darin einen Sinn erkennen und sich wertgeschätzt fühlen.

Also, lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass der Beruf der MFA und Arzthelferin wieder die Wertschätzung erfährt, die er verdient. Und lassen Sie uns verhindern, dass weitere junge Talente ihre Berufung in anderen Branchen suchen – nur weil sie im Praktikum Fenster putzen mussten.

Teilen Sie diesen Beitrag, um das Bewusstsein für dieses Thema zu stärken. Gemeinsam können wir die Augen öffnen und den Wandel einleiten!

Über den Autor Felix Behm

Speaker Generation Z

Felix Behm ist Keynote Speaker und führender Experte zum Thema Generation Z.

Er ist Autor der Bücher „Generation Z – Ganz anders als gedacht“ und „Generation Z begeistern und binden„.